Viel hat man in den letzten Jahren gehört und gelesen über den hochverschuldeten Schauspieler Nicolas Cage, der sich mit Jobs in unzähligen minderwertigen B- und C-Movies über Wasser halten musste; Filme, die in aller Regel nicht mal einen trashigen oder sonstwie unterhaltsamen Charme besitzen. Alle paar Jahre kommt dann aber ein Regisseur wie der Grieche Panos Cosmatos daher, der es schafft, den schier grenzenlosen Wahnsinn dieses herausragenden over-actors für sich zu nutzen und in seinem Film sinnvoll einzubauen, so wie es nun bei „Mandy“ eindrucksvoll gelungen ist.
Die Handlung und Geschichte des Films ist eigentlich ziemlich dünn. Die nicht minder beeindruckend agierende Andrea Riseborough verkörpert die titelgebende Mandy, die mit ihrem Gatten Red (Vorname ist hier ästhetisches Programm) Miller in einer ruhigen Wald-Oase haust und sich im lokalen Einzelhandel verdingt. Bei einem ihrer Spaziergänge nach Hause wird der mit einem Gott-Komplex behaftete Anführer einer sektischen Gruppierung auf Mandy aufmerksam und befiehlt seinen Anhängern, diese für ihn zu kidnappen. In einer rauschhaften und halluzinatorischen Szene versucht der Anführer der Sekte Mandy von sich und seinem Zweck zu überzeugen, diese verhöhnt in jedoch und gibt ihn der Lächerlichkeit preis, woraufhin sie als Strafe vor den Augen ihres gefesselten und zur Tatenlosigkeit verdammten Mannes lebendig verbrannt wird. Was nun folgt, ist der pure Irrsinn des Nicolas Cage, der einen aus Wut, Trauer, Hass und Verzweiflung getriebenen Rachefeldzug gegen die Sekte und die von ihnen heraufbeschworene Unterwelt-Dämonen-Biker-Gang startet.
Was so nach einer furiosen Blut- und Gewalt-Orgie klingt, startet zunächst jedoch langsam und gediegen. Sehr langsam. Also seeeeeehr langsam. Die oft gelesene Meinung, dass die ersten 75 Minuten nichts passiert und der Film erst danach eskaliert, teile ich dennoch nicht. Wir lernen in aller gebotenen Ausführlichkeit die Protagonisten kennen, die durch lange Dialoge und Monologe an Leben gewinnen. So erzählt Mandy beispielsweise Red sehr ausführlich, wie sie als Kind einmal Vogelküken mit einem Hammer töten musste. Überhaupt sind ihr die physischen und psychischen Narben der Vergangenheit deutlich anzumerken. Das alles ist sehr langsam und gewissermaßen auch langatmig und träge inszeniert, aber definitiv nicht sinnlos, überflüssig oder eben langweilig. Ohnehin werden Augen und Ohren des geneigten Publikums durchgängig exzellent verwöhnt, sowohl die Kameraarbeit von Benjamin Loeb mit Bildern, die oft in grelle Primärfarben eingetaucht werden, als auch einer der letzten Scores des viel zu früh verstorbenen Isländers Johann Johannsson sind meisterhaft gelungen und unterstützen den fiebrigen, drogeninduzierten und halluzinatorischen Vibe dieses elegischen Wahns eines Films. Als würde man Filme von David Lynch, Alejandro Jodorowsky und Nicolas Winding Refn zusammen mit einer Menge Acid in den Mixer schmeißen und sich direkt in die Hauptschlagader spritzen. Ein Meisterwerk!
9/10